Azikularferrit keimt intragranular an nichtmetallischen Einschlüssen und bildet ein Gefüge aus feinen, ineinandergreifenden Körnen. Diese charakteristische Mikrostruktur führt bekanntermaßen zu einer deutlichen Steigerung der Zähigkeit des Stahls. Aus diesem Grund ist azikularer Ferrit von wachsendem Interesse für Stahlproduzenten. Jedoch ist die Bildung von azikularem Ferrit noch nicht restlos geklärt, weshalb im Rahmen der vorliegenden Dissertation eine ganzheitliche und systematische Methodik zur Untersuchung der Azikularferritbildung und deren Einflussfaktoren im Labormaßstab entwickelt wurde. Im ersten Schritt erfolgt die Ermittlung der nötigen Stahlzusammensetzung zur Erzeugung einer gewünschten Einschlusslandschaft mittels thermodynamischer Berechnung in FactSage. Im zweiten Schritt werden Proben mit definierten und homogen verteilten Einschlüssen durch Schmelzversuche in einem Tammannofen erzeugt. Die entwickelte Methodik verwendet nur endogene Einschlüsse, die das Produkt von Desoxidation und Entschwefelung sind, als Keimstellen für Azikularferrit. Damit kann eine künstliche Verschlechterung des Stahlreinheitsgrads durch die Zugabe synthetische Partikel vermieden werden. Im dritten Schritt werden die Proben in einem HT-LSCM wärmebehandelt, welches die in situ Beobachtung der Azikularferritbildung ermöglicht. Im letzten Schritt erfolgt die Bestimmung von Azikularferritgehalt, Austenitkorngröße und Einschlusslandschaft mittels computerbasierter, metallographischer Analysen. Mit Hilfe dieser Methodik wird die Azikularferritbildung in verschiedenen Stahlgüten ausführlich untersucht. Neben der Bestimmung einer optimalen Austenitkorngröße sowie geeigneter Kühlraten, werden die Effekte von Kohlenstoff, Mangan, Titan, Bor, Chrom, Nickel und Magnesium bewertet. Weiters steht die Beurteilung verschiedener Einschlusstypen hinsichtlich ihres Potentials zur Wirkung als Keimstelle für Azikularferrit im Fokus der Arbeit. Die Ergebnisse der Dissertation liefern grundlegendes Wissen über die Bildung von Azikularferrit und die wichtigsten Einflussparameter, welches die Basis für die industrielle Produktion von azikularferritischen Stählen ist.