In der Stahlindustrie wird aus Gründen der CO2-Reduktion die Hochofenroute zunehmend durch das Einschmelzen von Stahlschrott in Elektrolichtbogenöfen ersetzt. Der damit verbundene Anstieg an Begleitelementen (Cu, Sn, Ni, Mo) führt in einem 51CrV4 Vergütungsstahl zu einem signifikanten Abfall der Kerbschlagzähigkeit. Im Rahmen dieser Arbeit wird die Ursache der beobachteten Anlassversprödung durch Gefüge- und Korngrenzenanalysen von fünf Wärmebehandlungszuständen (gehärtet, bei 450°C und 550°C angelassen, langsam und schnell abgekühlt) untersucht. Die Ergebnisse aus Rasterelektronenmikroskopie und Synchrotron-Röntgenbeugung zeigen keine Veränderung der Mikrostruktur durch den erhöhten Gehalt an Begleitelementen. Segregationsuntersuchungen mittels Atomsondentomographie zeigen klare Anreicherungen von karbidbildenden Elemente (Cr, Mn, V, Mo) an ehemaligen Austenitkorngrenzen. Aufgrund der geringeren Löslichkeit der karbidbildenden Elemente in Ferrit, wird die Tendenz zur Korngrenzensegregation jedoch stark von Karbiden in der Nähe der ehemaligen Austenitkorngrenzen beeinflusst. Eine zuverlässige Aussage über den Einfluss erhöhter Gehalts an karbidbildenden Elementen wird dadurch erschwert. Weitere Segregationsuntersuchungen zeigen außerdem eine Anreicherung von P an den ehemaligen Austenitkorngrenzen sowie an den Grenzflächen zwischen Ferrit und Karbid. Die bekannte versprödende Wirkung von P dürfte sich in diesem Zusammenhang jedoch auf beide Chargen in gleichen Maßen auswirken. Eine umfassende Untersuchung der Sn-Segregation in verschiedenen Wärmebehandlungszuständen, deutet auf einen Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Sn-Segregation an den ehemaligen Austenitkorngrenzen und dem Unterschied in der Anlassversprödung zwischen beiden Chargen hin. Ein erhöhtes Maß an Sn Segregation führt demnach zu einem verstärkten Zähigkeitsverlust, bestätigt durch umfassende Kerbschlagbiegeversuche. Darüber hinaus wurde im Rahmen dieser Arbeit keine signifikante Cu- oder Ni-Segregation festgestellt.