Naturfaserverstärkte Kunststoffe (NFK) erfreuen sich als Alternative zu vollständig synthetischen Konstruktionswerkstoffen zunehmender Beliebtheit. Neben ihren spezifischen Vorteilen wie beispielsweise ein exzellentes Leichtbaupotential und eine potenziell gute Ökobilanz sind sie Teil bioökonomischer Strategien zur Erfüllung von Klimaschutzzielen und zur Reduktion der Abhängigkeit von nicht-erneuerbaren Rohstoffen. Synergieeffekte ergeben sich darüber hinaus aus der Entwicklung biobasierter Kunststoffe, die, eingesetzt als Matrixkomponente im NFK, den erneuerbaren Anteil im Verbundmaterial bei gleichzeitig gutem mechanischen Eigenschaftsprofil erhöhen. Flüssigimprägnierprozesse wie das Resin Transfer Molding (RTM) Verfahren stellen dabei eine Verarbeitungsvariante für Duromere dar, um qualitativ hochwertige und mechanisch belastbare NFK Komponenten herzustellen.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Charakterisierung der Imprägniereigenschaften von gängigen Flachsfaserverstärkungen mit unterschiedlicher Textilarchitektur. Neben den etablierten Verfahren zur Permeabilitätsbestimmung liegt der Fokus auf ergänzende Analysen, um das kapillare Sättigungsverhalten während der Flüssigimprägnierung zu berücksichtigen. Aufgrund der komplexen Porenmorphologie innerhalb der Faserverstärkungen kommt es während des Füllvorganges mit der flüssigen Matrixkomponente zu Einschlüssen, die sich negativ auf die mechanischen Eigenschaften des resultierenden Faserverbundwerkstoffes auswirken können. Das übergeordnete Ziel der Arbeit ist daher die Entwicklung eines methodischen Ansatzes zur Ableitung optimaler Imprägniergeschwindigkeiten für den Verarbeitungsprozess.
Unter Verwendung eines eigens entwickelten Prüfstandes werden kapillare Steighöhenversuche an den Verstärkungstextilien durchgeführt. Zur Beschreibung des dynamischen Fließvorgangs wird auf Basis der Ludwig-Washburn Gleichung eine modifizierte Version abgeleitet, die das textilabhängige Sättigungsverhalten mit hoher Genauigkeit beschreibt. Die Versuchsergebnisse werden anschließend für einen Ansatz zur Berechnung optimaler Füllgeschwindigkeiten verwendet und anhand einer RTM Testserie validiert. Die Gegenüberstellung des Optimierungsansatzes und der empirischen Ergebnisse zeigt dabei den Bereich optimaler Prozessgeschwindigkeiten für die berücksichtigten Textilien. Die Untersuchungen zur methodischen Optimierung der Textilimprägnierung liefern folglich einen wertvollen Beitrag zur zuverlässigen Herstellung qualitativ hochwertiger NFK Produkte.