Flammschutz ist eine notwendige Sicherheitsmaßnahme für eine Vielzahl von Anwendungen wie Installationsrohre, die Transport- oder Bauindustrie, da Feuer menschliche Opfer fordert sowie große ökonomische Schäden verursacht. Polymercompounds werden herkömmlich mit halogenhaltigen Flammschutzadditiven gefüllt. Im Brandfall werden toxische Substanzen wie Hydrogenchlorid oder Dioxine gebildet. Dieser Umstand bildet den Hauptgrund für die allgemeine Anforderung, den Halogengehalt auf null zu reduzieren. Weiters haben halogenhaltige Flammschutzmittel negative Auswirkungen auf die Umwelt und die Tierwelt. Die meisten kommerziell verfügbaren halogenfreien Flammschutzmittel für Polypropylen (PP) müssen mit hohem Füllstoffgehalt (> 20 Gew.%) angewandt werden, was zu schwieriger Verarbeitung, schlechten mechanischen Eigenschaften und ungünstiger Preisstruktur führt. Deswegen war es Ziel dieser Forschungsarbeit, ein halogenfreies Flammschutzmittel für PP-Installationsrohre mit einem Füllstoffgehalt unter 10 Gew.%, entsprechenden mechanischen Eigenschaften, einfärbbar sowie verarbeitbar mit Standard-Compounding- und Extrusionsanlagen zu entwickeln. In dieser Arbeit wurden insgesamt 15 Hypothesen aufgestellt, wobei nur vier Hypothesen bestätigt wurden und 11 Hypothesen abgelehnt wurden. Mit Hilfe der statistischen Analysemethode logistische Regression kann die Wahrscheinlichkeit von Brennen bzw. Tropfen vorhergesagt werden. In dieser Arbeit wurde gezeigt, dass die durchgeführte logistische Regression, wegen der zu hohen und damit unzuverlässigen Standardfehler der Regressionskoeffizienten, nur Informationen über die Trends der Vorgänge in flammgeschützten PP-Compound liefern kann. Weiters zeigte keine der PP-Compound-Proben nicht-brennendes und nicht-tropfendes Verhalten zur selben Zeit im UL94 Test. Eine Kombination von verschiedenen Charakterisierungsmethoden wird angewandt, um die Mechanismen zwischen den Flammschutzadditiven und der Polymermatrix zu untersuchen. Mit thermogravimetrischer Analyse (TGA) wurde der thermische Abbau sowie die thermische Stabilität der PP-Compounds ermittelt. Mittels Cone Calorimeter Untersuchungen wurde das Verhalten der Polymercompounds unter dem Einfluss von Hitzestrahlung charakterisiert. Die Morphologie von Brandoberflächen gab Aufschluss über die Effizienz des Flammschutzmittels und wurde mit Hilfe von Rasterelektronenmikroskopie (REM) beobachtet. Pyrolyse-Gaschromatographie/Massenspektrometer Analyse lieferte Informationen über chemische Fragmente, die während der Pyrolyse entstehen. Das Produkt Rohr wurde durch Rohrbrandtests, Scheiteldruckversuchen und Kälteschlagzähigkeitstests charakterisiert. PP-Rohre gefüllt mit Blähgrafit (EG) bestanden nur den Rohrbrandtest positiv. Die mechanischen Tests für diese Materialien wurden auf Grund von zu frühem Aufschäumen der EG-Partikel negativ bewertet. Alle Produkttests wurden mit Phosphor-basierenden Flammschutzmittelkombinationen mit niedrigen Füllstoffgehalten (<7 Gew.%) erfüllt. Ein systematisches Konzept für die Entwicklung von halogenfreien flammgeschützten Polyolefinprodukten wurde vorgeschlagen, um Zeit und Kosten für den Entwicklungsprozess zu sparen. Dieses Konzept kombiniert die industrielle und akademische Entwicklungsmethode zu einem effizienteren und effektiveren ganzheitlichen und synergistischen Ansatz.