Die Herstellung von Produkten aus Rezyklaten anstelle von Neuware hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Bislang gibt es wenig bis keine Vorschriften über die Qualität eines Recyclats und keine Parameter, die erfüllt werden müssen. Die Qualität eines Rezyklats hängt von der Zusammensetzung des Abfalls und der Sortierqualität ab, die der Reinheit des Rezyklats entspricht. Für die Hersteller ist eine gleichbleibende Rezyklatqualität von großer Wichtigkeit, um konstante Herstellungsprozesse und hinreichende Eigenschaften der Endprodukte im Laufe der Zeit sicherzustellen.
In Europa finden Rezyklate größtenteils in der Bauindustrie ihren Weg zurück als neue Produkte (PlasticsEurope 2020). Rezyklate und Mischungen von Rezyklaten mit Neuware werden bereits für verschiedene Anwendungen in der Kunststoffrohrindustrie eingesetzt (Kunststoffrohrverband e.V. - Fachverband der Kunststoffrohr-Industrie 2022). Die derzeit verfügbaren recycelten Polypropylen (PP)-Typen genügen aufgrund ihrer geringen Qualität aber nicht den Anforderungen an eine ausreichend lange Lebensdauer. Wird nur ein geringer Anteil an Rezyklat in neue PP-Typen eingebracht, kann dies schon zu einer Verkürzung der Lebensdauer führen (Utracki and Wilkie 2014).
Zu diesem Zweck ist die Veränderung der Eigenschaften eines Post-Consumer-Rezyklats (PCR) im Laufe der Zeit untersucht worden. Zehn Chargen eines auf dem europäischen Markt erhältlichen PCR wurden über einen Zeitraum von 16 Monaten bei einem Lieferanten bestellt. Die thermischen, mechanischen, rheologischen und thermomechanischen Eigenschaften wurden mit Hilfe verschiedener Standardprüfverfahren charakterisiert. Da Rezyklate auch in Langzeitanwendungen eingesetzt werden, ist die Lebensdauer unter zyklischer Belastung mit dem zyklischen Cracked Round Bar (CRB)-Test nach (ISO 18489) charakterisiert worden. Zusätzlich sind Bruchflächen lichtmikroskopisch und mit dem Rasterelektromenmikroskop (REM) untersucht worden, um Unterschiede im Versagensmechanismus zu bewerten. Ein weiterer Schwerpunkt war die Anwendung der (ONR CEN/TS 14541-2), einer Norm für Empfehlungen zu Eigenschaften von thermoplastischen Rezyklaten für Rohre und Formstücke. Es wurde überprüft, ob diese bisher gültigen Standards brauchbare Anhaltspunkte in Bezug auf die Verarbeitung von Rezyklaten im Rohrbereich liefern.
Es wurden große Schwankungen bei unterschiedlichen Materialeigenschaften von PP-Rezyklaten festgestellt, vor allem für die Ergebnisse aus der thermogravimitrischen Analyse, dem zyklischen Cracked Round Bar (CRB)-Test und der Schmelzfließrate (MFR). Die Ergebnisse zeigen, dass die MFR Werte der zehn Batches zwischen 6 g/10 min und 12 g/10 min schwanken und auch der Anteil der anorganischen Bestandteile stark variiert. Sechs der zehn Batches haben einen vergleichbaren Anteil an anorganischen Inhaltsstoffen von etwa 10 %, während ein Batch beinahe den dreifachen Wert an anorganischen Bestandteilen aufweist. Bei hochgefüllten Batches nimmt die Kerbempfindlichkeit zu. Im CRB-Test zeigen alle Batches eine kürzere Lebensdauer unter zyklischer Belastung im Vergleich zu einer konventionellen, fabrikneuen Extrusionstype. Insbesondere die Streuung der Ergebnisse ist deutlich höher. Unterschiede des MFR und der Menge der anorganischen Bestandteile sind auch in den Ergebnissen des CRB-Tests sichtbar. Batches mit einem niedrigen MFR führen zu einer längeren Lebensdauer, während ein hoher Anteil von anorganischen Bestandteilen den Widerstand gegen zyklische Belastung reduziert. Darüber hinaus wurde untersucht, ob die Batchvariationen im CRB-Test durch die Mischung der Batches mit Neuware kompensiert werden können. Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass das Mischen von Neuware mit 25 % Rezyklat die Chargenschwankungen des Rezyklats nicht kompensieren kann. Die Zugabe von 25 % Rezyklat zu einer bestimmten Neuware verringerte den Widerstand gegen Risswachstum drastisch.
Der CRB-Test hat sich als geeignetes Verfahren erwiesen, um Rezyklate hinsichtlich lebensdauerrelevanter Eigenschaften einzustufen, doch müssen die Normvorschriften angepasst werden. Bei anderen gängigen Standardprüfverfahren sollten die zulässigen Eigenschaftsintervalle verringert werden, um gut Qualität und ausreichende Material-eigenschaften bei der Verarbeitung und späteren Produktanwendung zu gewährleisten.